Bereits 1892 war Landauer aus der israelitischen Religionsgemeinschaft ausgetreten. Durch den Einfluss Hedwig Lachmanns, unter dem Eindruck des zunehmenden Antisemitismus und vor allem durch seine rege Anteilnahme an den Chassidismus-Forschungen Martin Bubers ab 1904, wandte er sich dem Judentum im Zeichen seiner libertär sozialistischen Auslegung wieder zu. Landauers Besprechung von Bubers 1908 erschienenem Buch „Die Legende des Baalschem“ geriet zu einem ersten Bekenntnis in diesem Sinne. Vorträge und Seminare über „Judentum und Sozialismus“ unter anderem im Jüdischen Volksheim − einer sozialen Bildungseinrichtung im proletarischen „Scheunenviertel“ − folgten. Bedeutenden Anteil an der Politisierung nicht zuletzt der jüdischen Jugendbewegung hatte Landauer durch seinen „Aufruf zum Sozialismus“ (1911). Auch durch Vorträge im Berliner Siedlungsheim in Charlottenburg und die Mithilfe am „Aufbruch“, der Zeitschrift des Kreises um Ernst Joël, wirkte Landauer in der Jugendbewegung. Der Versuch, dem „Sozialist“ vierteljährlich ein Jugendblatt beizufügen, worin das Nehmen der Freiheit als etwas Positives dargestellt und der Geist „der freien, rebellischen oder originalen Betätigung“ geweckt werden sollte, war 1912 mangels genügender Mitarbeit gescheitert. Dem Hohe-Meißner-Treffen von 1913, das als Gründungsereignis der freideutschen Jugendbewegung gilt, blieb Landauer aufgrund der Anwesenheit offen antisemitischer Gruppen fern. Seine jüdische Identität und tiefe Verwurzelung in der deutschen Kultur erlebte Landauer nicht als Widerspruch, sondern „dieses seltsame und vertraute Nebeneinander als ein Köstliches“ ohne Über- oder Unterordnung und sich selbst als jenen singulären „Komplex“, von dem er hoffte, „noch vielfältiger eins zu sein als ich weiß.“